Texte zur Ausstellung
Einleitungstext
der Ausstellung
NS-Psychiatrie und die Opfer
- Gedenken in Niedersachsen
Gedenken - Andenken - Erinnern.
Wie kann dies angemessen für
die Opfer der nationalsozialistischen
Psychiatrie in Niedersachsen
geschehen? Seit etwa fünf Jahren
gibt es eine Reihe von Initiativen,
Gedenkorten, Mahnmalen und Gedenkstätten
zu diesem nicht einfachen Thema.
Die Gedenkstätten liegen
im Bereich der Landeskrankenhäuser
in Niedersachsen, was zeigt,
dass sich eine offene Umgehensweise
durchgesetzt hat. Und dies an
Orten, wo im Zweiten Weltkrieg
ein Teil der Patienten Opfer
des NS-Rassenwahns wurde. Ein
staatlich organisierter Massenmord,
der in seinen bürokratischen
Formen noch heute kaum zu verstehen
ist.
Die Ausstellung zeigt, wie
heute mit der Erinnerung, dem
Andenken und Gedenken an und
für die Opfer umgegangen
wird. Als Beitrag zu einer lebendigen
Erinnerungskultur, die unser
moralisches und politisches
Denken für die Gegenwart
und Zukunft fordert. Dazu gehören
künstlerisch anspruchsvolle
Mahnmale und umfassende Dauerausstellungen
in Räumen von Gedenkstätten.
Die Ausstellung versteht
sich als Beitrag zur Gedenkstättenarbeit.
Vertreten sind: Göttingen
Hildesheim, Königslutter,
Lüneburg, Oldenburg/Wehnen,
Osnabrück und Wunstorf.
Der Autor der Ausstellung ist
Dr. Raimond Reiter (Bildungs-
und Gedenkstätte Lüneburg),
der eine Reihe von Veröffentlichungen
auch zur Psychiatrie im "Dritten
Reich" vorgelegt hat. Ein herzlicher Dank geht
an alle, die dieses Projekt
möglich gemacht haben.
Zum historischen
Verständnis
Wer die Psychiatrie und die
Behandlung der geistig und körperlich
Kranken im "Dritten Reich" nachvollziehen
will, muss das Menschenbild
der Nationalsozialisten berücksichtigen.
Es war eine Mischung aus einer
rassistischen Idealisierung,
einer Zerstörung aller
christlichen und humanistischen
Werte und einer in die Praxis
gesetzten Menschenverachtung.
In ihr wurde auch das Leben
der Patientinnen und Patienten
nach ökonomischen Kriterien
beurteilt.
Erschreckend war nicht nur
das nihilistische "Neuheidentum"
der Nationalsozialisten, sondern
aus heutiger Sicht auch, dass
viele Beamte, Staatsmänner,
Anstaltsdirektoren und Ärzte
mittaten an der Errichtung und
dem Ausbau einer totalitären
Diktatur, in der es kein Mitleid,
keine Nächstenliebe und
keine Fürsorge mehr für
die Personen geben sollte, die
krank und arbeitsunfähig
waren. Etwa 70.000 Anstaltspatienten
wurden in den ersten Kriegsjahren
in der Psychiatrie Opfer der
so genannten "T4"-Aktion, es
folgten bis Kriegsende hunderttausende,
darunter auch mehrere tausend
Kinder. Der Massenmord an Anstaltspatienten
reiht sich historisch ein in
den Holocaust und andere Verbrechen
der NS-Herrschaft.
|